Die Pläne für eine deutsche Olympiabewerbung werden immer konkreter. Aber braucht Deutschland Olympia? Bei der Feier zum 30. Geburtstag der Stiftung Kieler Sporthilfe lautete die einhellige Meinung: ja!
„Eins der Hauptargumente für Olympische Spiele in Deutschland ist, dass wir Strukturreformen im Spitzensport brauchen, an die wir uns nicht so richtig herantrauen“, sagte Prof. Wolfgang Maennig bei einer Podiumsdiskussion. Der Sportökonom an der Universität Hamburg war selbst ein Olympionike: Mit dem Ruder-Achter gewann er 1988 in Seoul Gold.
Die Spiele 1984 und 1996 in den USA etwa hätten gezeigt, dass eine Finanzierung allein aus den Einnahmen heraus möglich sei, so Maennig in der Runde mit Heike Henkel, Hochsprung-Olympiasiegerin 1992, Meike Evers-Rölver, Ruder-Olympiasiegerin 2000 und 2004 sowie Vizepräsidentin des Landessportverbands Schleswig-Holstein, und SH-Innenstaatssekretärin Magdalena Finke.
Henkels Triumph in Barcelona war für Gerhard Müller, damals Sportchef der Kieler Nachrichten, der Auslöser für die Gründung der Stiftung Kieler Sporthilfe, der er bis heute vorsitzt. Schließlich hatte die geborene Kielerin den Norden 1985 verlassen, mit ihrem Olympiasieg wurde stets ihr neuer Klub Bayer Leverkusen, aber nicht der TSV Kronshagen oder die Stadt Kiel verbunden.
Experten unter sich (von links): Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer, Moderator Andreas Kling, Amelie Lux, Rene Schwall und Hannes Peckolt. Foto: Sascha Klahn
Die heute 60-Jährige plädierte unter anderem für Reformen in den Schulen und blickte auf Frankreich, wo vor Paris 2024 eine „tägliche Bewegungszeit” eingeführt worden war. „Die Grundschüler von heute sind die Spitzensportler der Spiele 2040 oder 2044″, sagte Henkel mit Blick auf eine deutsche Olympia-Bewerbung.
Solche Reformen hätten alle Ausrichter angestoßen, sagte auch Maennig mit Verweis auf München 1972 und die Gründung der Deutschen Sporthilfe. Und erklärte: „Wir können nicht alles einfach mit mehr Geld regeln. Wenn ich meinen Kindern mehr Taschengeld gebe, kommt dabei auch nicht zwangsläufig etwas Gutes heraus. Das Geld muss besser und effektiver eingesetzt werden.“
Beispiel: das Zuwendungsrecht der öffentlichen Hand. „Der Deutsche Ruderverband hat 50 Trainer, die nicht mehr als etwa 85.000 Euro brutto im Jahr verdienen dürfen. Damit lockt man keine Top-Leute an, schon gar nicht aus dem Ausland. Wir müssen dahinkommen, zehn Spitzenleute spitzenmäßig zu entlohnen, statt 50 ‚ordentliche‘ Trainer zu bezahlen.“
Ausgerechnet die Staatssekretärin forderte dagegen höhere öffentliche Zuwendungen. „Ich hoffe, dass wir mehr investieren, wenn wir uns für Olympia bewerben“, sagte Finke vor den Geburtstagsgästen, darunter von der Stiftung geförderte Medaillengewinnerinnen und -gewinner von 2000 bis 2021. Seit 1994 wurde für Athletinnen und Athleten von der Kieler Sporthilfe ein Spendenaufkommen von insgesamt gut 900.000 Euro generiert. (nsg)