Ein schneller Blick auf die raue See in der Strander Bucht, ein kurzer Smalltalk mit Segelprofi Philipp Buhl. Wenn man Ole Schweckendiek in seiner Segelheimat Kiel-Schilksee beobachtet, wird schnell deutlich: Der erst 17-jährige Kieler ist schon ganz oben im Segelgeschäft angekommen. Spätestens nach seinem U21-WM-Titel im ILCA 7 ist der Name Ole Schweckendiek wohl beinahe jedem Sportinteressierten in der Landeshauptstadt ein Begriff.
Seine Geschichte ist nicht nur die eines rasanten Aufstiegs an die Weltspitze, sondern auch eine über die Liebe zu einer Leidenschaft seit Kindheitstagen. Zum Segeln gelangt Schweckendiek, der von der Stiftung Kieler Sporthilfe unterstützt wird, durch seine Eltern. Da diese ein eigenes Segelboot besitzen, ist der Junior nach eigener Aussage „schon immer“ auf dem Wasser gewesen, ehe er mit sechs Jahren selbst zum Kapitän wird und mit dem Optisegeln anfängt. Damals wird schnell klar: Das Segeln hat den jungen Ole gepackt. „Es gibt nichts Schöneres, als den Wind im Gesicht zu spüren, während man durch die Wellen fährt“, schwärmt das Segeltalent.
Nachdem Ole seine ersten Schritte unter Vater und Segellehrer Ulf Schweckendiek macht, folgt mit acht Jahren der Wechsel in den Kieler Yacht-Club. Für Schweckendiek der Startschuss einer erfolgreichen Seglerkarriere. Zunächst blitzt sein Talent im Opti auf: der damals 12-Jährige wird deutscher Vizemeister in der Altersklasse U13.
Im Sommer 2018 gilt es für Schweckendiek, zu neuen Ufern aufzubrechen. Altersbedingt steht der Bootswechsel bevor. Die Entscheidung, in die Fußstapfen seines Idols Philipp Buhl zu treten, und den ILCA zu seiner neuen sportlichen Heimat zu machen, fällt dem Kieler leicht: „Ich möchte alleine segeln, um selber für meine Fehler verantwortlich zu sein“, erläutert der junge Segler seine damalige Entscheidung. Ein Leitgedanke, der bei dem 1,86 Meter großen Sportler immer noch fest verankert ist. „Nach Niederlagen ist es für mich wichtig, meine Fehler zu analysieren. Erst dann kann ich wieder nach vorne schauen.“
Im neuen Boot trifft Ole auf Trainer Noah Piotraschke. Die Harmonie stimmt sofort. Der Anfang einer Erfolgsgeschichte. Direkt im ersten Jahr schaffen sie das Triple der Segelwochen-Siege. Der Gewinn der Kieler, der Travemünder und der Warnemünder Woche ist der Ursprung neuer Rituale. Treuer Begleiter bei Piotraschke auf dem Schlauchboot seitdem: das Hundespielzeug „Herbert“. Das pinke Huhn, das beim Drücken laut tutet, wird zum Maskottchen. „Vor jedem Start kommt Ole zu mir ans Schlauchboot und streichelt Herbert. Es ist mittlerweile eine seiner Routinen“, erzählt der 23-jährige Trainer.
Zusammen steigen sie auf die nächstgrößere Segelgröße ILCA 6 um und durchleben neben Höhepunkten, wie dem Sieg der Deutschen Meisterschaft 2020 und EM-Sieg 2022 in Griechenland, auch eine Entwicklung in Schweckendieks Abläufen. „Ole ist mittlerweile viel routinierter und professioneller als zu Beginn unserer Zeit. Ein Beispiel: Am Morgen eines jeden Wettfahrttages hört er immer die gleichen Lieder, um sich zu entspannen“, so Piotraschke.
Mittlerweile ist Schweckendiek, der seit Jahren im Nationalteam, dem German Sailing Team segelt, in der olympischen Klasse ILCA 7 angekommen – und auch hier durch viel Training auf dem Wasser schnell einer der besten Sportler des Landes. Wie zeitintensiv das Segeln in Schweckendieks Leben ist, merkt auch seine Freundin Sophie. „Sie beschwert sich immer, dass ich so oft weg bin, aber das Gute ist: Sie wusste ja von Anfang an, worauf sie sich bei mir einlässt“, erzählt der frisch gebackene U21-Weltmeister mit einem Lächeln im Gesicht.
Die Segel-Geschichte vom Teenager Ole Schweckendiek hat schon viele Höhen erlebt, soll aber längst noch nicht auserzählt sein. „Mein Ziel sind die Olympischen Spiele 2028 oder 2032“, legt sich der 17-Jährige selbstbewusst fest. Ein Traum, den auch sein Trainer Noah Piotraschke für realistisch hält. „Ich sage, Ole schafft es 2028“, so der Coach. Und die nächsten Aufgaben warten schon: Ende September geht es für den Kieler in Greifswald um die deutsche Meisterschaft – und dort erstmals gegen sein Idol Philipp Buhl. Von Tobias Hollenbach