Sonne im Rücken, Hund auf dem Schoß, gemütliche Plauderrunde auf dem Sofa. Beachvolleyball-Talent Momme Lorenz nutzte im Oktober die Herbstferien, um sich bei seiner Familie in Kiel vom Internatsstress in Berlin zu erholen – und um Kraft zu tanken für den nächsten Karriereschritt.
Im November und Dezember stehen für den 17-Jährigen, der trotz seiner Zugehörigkeit zum VCO Berlin weiterhin für die KTV Adler startet, große Ereignisse im Terminkalender: World-Tour-Turnier in Itapema/Brasilien (10.-14. November), U 19- und U 21-WM jeweils in Roi Et/Thailand (3.-8. und 14.-19. Dezember).
Aufpäppeln lassen im elterlichen Haus hat sich zuletzt bestens bewährt für Momme Lorenz. Kurz vor der Deutschen Meisterschaft in Timmendorfer Strand lag der 2,02 Meter große Blockspieler mit einem grippalen Infekt flach. Mutter Inka und Vater Tom servierten in Kiel Hühnersuppe und Smoothies, boten viel Ruhe und lieferten ihren Sohn schließlich gut regeneriert im deutschen Beachvolleyball-Mekka ab. Der zahlte zurück: Gemeinsam mit Simon Kulzer gelang nicht nur der erhoffte Sieg in der Gruppenphase, sondern auch der Überraschungserfolg im Achtelfinale gegen Nils Ehlers/Rudy Schneider. Das Viertelfinale gegen die Vize-Weltmeister von 2019, Julius Thole/Clemens Wickler, war trotz Niederlage ein absoluter Saisonhöhepunkt – nicht nur für den Spieler. „In der Night-Session in der Players-Box dabei zu sein, das Publikum zu sehen, die ganzen Lichter – das war schon cool“, ist Inka Lorenz, einst Bundesliga-Volleyballerin, noch immer begeistert.
Bei den bisherigen Top-Erfolgen ihres Sohnes, den nationalen Titelgewinnen in der U 17, U 18, U 19 und U 20 sowie der Vize-Europameisterschaft in der U 20 waren Inka und Tom Lorenz bisher immer dabei, bildeten mit dem Wohnmobil das Base Camp zum Entspannen, sorgten für Essenslogistik und Ruhe vom Turnierbetrieb.
In Brasilien wird sich der Gymnasiast, der 2019 ins Berliner Internat gewechselt ist, mit seinem Partner Lui Wüst nun aber selbst organisieren müssen. „Ein Flug kostet 1600 Euro. Wir freuen uns, Momme das möglich zu machen. Aber selbst mitzufliegen, ist für uns nicht darstellbar“, sagt Tom Lorenz.
Entsprechend geht es in Brasilien nicht nur um den sportlichen Erfolg. „Die Quali zu überstehen und das Hauptfeld zu erreichen, ist schon ein hochgestecktes Ziel“, sagt Momme Lorenz. „Wir haben die Chance ergriffen, dass viele Top-Teams eine Pause einlegen, um überhaupt mal dabei zu sein. Jetzt geht es auch darum, das gesamte Umfeld mit Flug, Unterkunft und den Gegebenheiten beim Turnier zu organisieren.“ Bei der World Tour sind die jungen Spieler auf sich gestellt, selbst ein Coach ist nicht dabei. Zu den Jugend-Weltmeisterschaften hat der Volleyballverband dann wieder die Zügel in der Hand.
Eine Medaille möchte Momme Lorenz gern aus Thailand mitbringen, allerdings gibt es ein Problem. Da Lui Wüst mit einem anderen Partner spielen soll, fehlt dem Kieler ein Counterpart. Aktuell ist eine Kombination mit Philipp Huster vorgesehen. Doch der 2,05-Meter-Mann ist wie Lorenz Blockspieler. Die Herausforderung wird also sein, die richtige Aufstellung zu finden. So wie die bisherige Karriere von Momme Lorenz davon gekennzeichnet ist, einen passenden Abwehrspieler zu finden.
Allein in 2021 hat er mit vier unterschiedlichen Partnern gespielt. Immerhin hat sich das Zusammenspiel mit dem 23-jährigen Simon Kulzer als so erfolgreich erwiesen, dass das Duo nun gemeinsam für 2022 plant.
Im Frühjahr 2023 steht das Abitur an und im Anschluss gern der Wechsel an den Stützpunkt nach Hamburg, um von hier die Beachvolleyball-Karriere voranzutreiben: „Ich kann mir gut vorstellen, mich mit Beachvolleyball zu finanzieren. Die Strände der Welt kennenzulernen, ist eine tolle Aussicht.“ 2028 darf gern auch der olympische Strand von Los Angeles dabei sein. „Viele trauen ihm zu, das zu erreichen“, sagt Vater Tom.
Die Spielübersicht, große Ruhe in Drucksituationen, die Bereitschaft für schnelle Bälle und ein gutes oberes Zuspiel zeichnen Momme Lorenz aus. An der Athletik arbeitet er intensiv in den 15 wöchentlichen Trainingsstunden in Berlin. Wie gut er schon für einen Auftritt im Elitefeld gereift ist, wird die World Tour in Brasilien zeigen – nach zwei Wochen guter Pflege durch die Familie. (Ralf Abratis)