Im August 2019 wagte Momme Lorenz den Schritt: Der damals 15-Jährige zog ins Sportinternat des VC Olympia ’93 Berlin, schloss sich dem größten deutschen Bundesstützpunkt für den Volleyballnachwuchs an. Ein Jahr später darf er seinen bislang größten Erfolg feiern: Gestern gewann Lorenz (Kieler TV) gemeinsam mit Lui Wüst (Berlin) die deutsche U19-Meisterschaft im Beachvolleyball.
„Das Jahr war sehr gut. Klar gab es auch schwierigere Phasen, aber es läuft immer besser“, sagt Lorenz, mittlerweile 16 Jahre alt und im Gespräch gleichermaßen locker wie fokussiert. „Ich habe mich zwar sehr darauf gefreut, aber es war schon ein großer Schritt. Es ist ja ganz anders als zu Hause“, sagt er. „Man muss sich selbst um viel mehr Dinge kümmern und Selbstständigkeit lernen.“ Ein Stück Erwachsenwerden.
In Berlin gibt Lorenz Gas. Eine normale Trainingswoche: zwei Krafteinheiten, einmal Athletik, fünf- bis sechsmal mit Ball.
„Ich kann mich in Berlin besser aufs Training konzentrieren, außerdem ist es besser auf mich angepasst“, erklärt er. Und das zahlt sich aus: „Ich merke, dass ich mich in vielen Dingen verbessert habe, in Sachen Block und Stabilität zum Beispiel“, sagt Lorenz, bei zwei Metern Körperlänge ohnehin mit guten Voraussetzungen ausgestattet.
Der Fokus liegt aktuell ganz klar auf dem Sand statt der Halle. „Ich werde auch im Winter weiter auf Sand spielen und trainieren, um mich weiterzuentwickeln“, kündigt er an, in dieser Saison in der Halle zu pausieren. Diese Entwicklung ist allein schon an den Ergebnissen abzulesen: Schon 2019 war ein sehr erfolgreiches Jahr im Sand mit dem U17-Titel, Platz vier bei der U18-DM und Platz drei bei der U19, dazu Platz fünf bei den Youth Olympic Games in Doha/Katar. „Das war eine tolle Erfahrung“, sagt Lorenz. Und 2020 läuft noch besser: Kurz vor dem Titelgewinn bei der U19-DM – bereits die vierte Teilnahme seit seinem Debüt als 13-Jähriger – war er auch in der U18 erfolgreich.
Im September steht die U20-Europameisterschaft im tschechischen Brno (Brünn) auf dem Programm, die Lorenz mit Internatskumpel Simon Pfretzschner (ASV Dachau) absolvieren wird, der gerade an der Seite des Kielers Milan Sievers das Ticket für die deutschen Meisterschaften der „Großen“ löste. Das Ziel im September: „Dort mitzuhalten – was körperlich natürlich nicht leicht ist“, sagt Lorenz. Schlägt der 16-Jährige in Tschechien auf, werden auch die Eltern Inka, früher Volleyball-Nationalspielerin, und Tom dabei sein. Mit ihrem Wohnmobil bilden sie bei Turnieren die Operationsbasis. „Es gibt eine Dusche, einen Kühlschrank, man kann sich mal vom Turniergeschehen zurückziehen“, sagt Tom Lorenz. Ein Stück zu Hause auf Reisen.
Zu Hause war Momme Lorenz auch im Frühjahr, schließlich war das Sportinternat geschlossen, die Athleten vom Coronavirus ausgebremst. „Das war ein kleiner Bruch“, sagt der von der Stiftung Kieler Sporthilfe geförderte Athlet. Seinen Kraftplan konnte er weiter umsetzen, darüber hinaus war Kreativität gefragt: „Ich habe meinem Nachbarn – der ist 19 – Volleyball-Grundlagen beigebracht, damit wir im Garten mal übers Netz spielen konnten. Das hat Spaß gemacht“, sagt er. Sieben Wochen dauerte das Volleyball-„Home-Office“, dann durfte er nach Berlin zurück. Wo er auch in Corona-Zeiten Training und Schule unter einen Hut bringen muss. „Ich bin ein solider Zweier-Schüler, das läuft also ganz gut“, sagt Lorenz, der in Kiel die Max-Planck-Schule im G8-System besuchte, mit dem Umzug nach Berlin aber ein „Strecker-Jahr“ eingebaut hat, um die Doppelbelastung abzufedern.
„Für seine Entwicklung war der Schritt, ins Internat zu gehen, genau richtig. Sowohl persönlich als auch sportlich“, sagt Vater Tom. Wo führt die Entwicklung hin? Das große Ziel heißt: Olympische Spiele. Leise geträumt hatte Momme Lorenz bei seinem Umzug von Paris 2024. „Nachdem ich in Berlin angekommen war, habe ich gemerkt, dass das aber wohl doch etwas optimistisch war“, sagt Lorenz lachend. Dann also 2028, dann wird er 24 Jahre alt sein. Im besten Alter also. (nsg)