Der Fahrplan steht, und Kiel hält Kurs. Die Landeshauptstadt hat die erste vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gesetzte Wegmarke im Bewerbungsprozess für Olympische Sommerspiele erreicht. „Unsere Arbeit ist mit Blick auf den ersten Schritt erst einmal getan, wir haben das geliefert, was von den Hauptstandorten gefordert war“, sagt Schleswig-Holsteins Innenstaatssekretärin Magdalena Finke (CDU).
In der vergangenen Woche hatte der DOSB seinen veränderten Zeitplan für den Bewerbungsprozess bekanntgegeben (wir berichteten): Bis Ende Mai müssen die interessierten Städte und Regionen – Hamburg, Berlin mit Leipzig, Rhein-Ruhr und München – ihre Ausrichterkonzepte konkretisieren. Diese werden bis Ende September geprüft und bei Machbarkeit auf der DOSB-Mitgliederversammlung Ende des Jahres vorgestellt. Erst im September 2026 soll die Entscheidung für den Bewerber um die Spiele 2036, 2040 und 2044 fallen. Ursprünglich war diese für das jetzige Frühjahr 2025 avisiert.
„Ich sehe den veränderten Fahrplan des DOSB nicht kritisch, dadurch können wir unsere Bewerbung perfektionieren“, sagt Finke. Und Hauke Berndt, Vorsitzender des Kieler Yacht-Clubs (KYC), hegt die Hoffnung, „dass die Entscheidung durch dieses mehrstufige Verfahren sorgfältiger getroffen wird. Und dass nach sportfachlichen Gesichtspunkten entschieden wird.“ Denn hier wähnen Kiel und Schleswig-Holstein die Argumente im Duell mit Rostock-Warnemünde auf ihrer Seite. „Wir sollten die Entscheidung, welcher Standort ausgewählt wird, danach treffen, wo es die besten Bedingungen für Segel- und andere Wassersportwettbewerbe gibt“, sagt Finke. „Wir müssen anerkennen, was Warnemünde geleistet hat. Aber wir haben unter anderem die besten sportlichen Bedingungen – vor allem auf dem Wasser. Diese Bedingungen waren ja einer der Kritikpunkte bei den Wettbewerben in Marseille.“
Aber sticht das auch die natürlich scheinende Verbindung zwischen Berlin/Leipzig und Rostock aus? Nicht zuletzt, da Indien als Favorit auf die Spiele 2036 gilt und das Jahr 2040 eine besondere Symbolik besitzt? „Es wird so sein, dass bei einer möglichen Berliner Bewerbung Kiel und Rostock-Warnemünde als Segelstandorte beim DOSB benannt werden“, erklärt Finke. Und: „Olympische Spiele 2040 können ja auch bedeuten, neben Berlin im Osten, gerade vor dem Hintergrund von 50 Jahren Wiedervereinigung, einen westdeutschen Standort zu haben.“ Egal, wer das Rennen macht – Kiel will mit im Boot sitzen. „Es gibt sehr intensive Gespräche mit Berlin und Hamburg. Mit der Rhein-Ruhr-Region und München sind wir ebenfalls in Gesprächen, für sie gilt unser Konzept natürlich gleichermaßen“, erklärt Finke. Bei Besuchen an der Förde, etwa zur Kieler Woche, sollen sich Vertreter der Städte einen Eindruck von den Kieler Qualitäten machen.
Zum Faustpfand der Kieler dürften die laut Berndt „sichtbar große Begeisterung und das Engagement für Segelevents“ sowie das historische Ja zu Olympia aus dem November 2015 zählen. „Die gesellschaftliche Unterstützung wird beim DOSB mitbewertet. Wir sollten es nutzen, dass wir eine sportbegeisterte Bevölkerung haben. Immerhin ist Schleswig-Holstein das einzige Land, bei dem es schon mal ein positives Olympia-Referendum gegeben hat“, sagt Finke. „Der Rückhalt in der Bevölkerung für eine Bewerbung ist für uns auf jeden Fall von großer Bedeutung.“
In Hamburg scheiterte das Referendum damals. Knapp zehn Jahre später unternimmt die Hansestadt einen neuen Anlauf – auf Olympia und die Zustimmung der Einwohner. „In Hamburg könnte der Prozess für ein Referendum voraussichtlich nach der Sommerpause in diesem Jahr vorbereitet werden, um das Votum der Bevölkerung bis zum Sommer 2026 einzuholen“, hieß es aus der Innenbehörde der Hansestadt.
Hamburgs Innensenator Andy Grote sieht die Rahmenbedingungen gegenüber 2015 gravierend verbessert, nicht zuletzt durch geringere Kosten und den Verzicht auf Neubauten. Faktoren, die – neben einer Bürgerbeteiligung – auch für SH-Staatssekretärin Finke wichtig sind. Es sei klar, „dass wir gut informieren, auch das Finanzielle transparent machen und die Nachhaltigkeit aufzeigen müssen“, sagt sie. „Wir wollen bei uns im Land tolle Wettkämpfe haben, wir wollen Menschen begeistern, wir wollen mit den Olympischen Spielen langfristig auch positive Effekte für unseren Breitensport, aber auch für die Wirtschaft schaffen.“
Finke sagt aber auch: „Was wir dabei definitiv nicht wollen, ist irgendwelche Luftschlösser zu bauen. Unser Ziel ist vielmehr, die vorhandene sportliche Infrastruktur zu nutzen und sie mit Augenmaß weiterzuentwickeln.“ Man dürfe die Fehler von 2015 nicht wiederholen, heißt es unter den Beteiligten immer wieder. Hochmut vermeiden, Demut zeigen. „Wir haben gute Voraussetzungen und die Weichen in die richtige Richtung gestellt“, sagt Hauke Berndt. „Ich blicke sehr positiv nach vorn.“
Magdalena Finke tut das über den September 2026 hinaus. „Wir können mit einer deutschen Bewerbung Erfolg haben. Etwa 2040, 50 Jahre nach der Wiedervereinigung, ein weltoffenes Deutschland zeigen, mit Spielen, bei denen die Nachhaltigkeit im Vordergrund steht – das ist unsere Botschaft. Und wir müssen daran arbeiten, diese Botschaft zu bestärken, gerade in diesen Zeiten.“ (nsg)