„Ich fühle mich gut, habe keine Schmerzen mehr“, sagt Dominic Ressel. Der Judoka vom TSV Kronshagen wirkt gelöst. Monatelang fiel er schwer am Knie verletzt aus – inmitten einer Phase, in der es längst um wichtige Punkte für die Olympia-Qualifikation ging. Jetzt ist Ressel zurück, befindet sich an seinem 30. Geburtstag (Donnerstag) unweit der slovakischen Hauptstadt Bratislava, um sich mit den deutschen Athletinnen und Athleten fit zu machen. Fit für Paris 2024? Wo steht der Bronze-Gewinner von Tokio knapp 300 Tage vor Beginn der Spiele?
„Ich habe zuletzt viel Ausdauer- und Krafttraining gemacht“, sagt der von der Stiftung Kieler Sporthilfe geförderte Judoka. „Jetzt gilt es für mich, dieses Judogefühl wiederzubekommen, sodass das Kämpfen wieder automatisiert ist.“ Die Suche nach dem Wohlgefühl, auf und außerhalb der Matte. Ein Schlüssel: die Rückkehr im Sommer nach München. In Köln, wohin er zur Vorbereitung auf die vergangenen Spiele zog, um mit Ex-Bundescoach Richard Trautmann zu trainieren, seien die Trainingsbedingungen nun „nicht mehr so gut“ gewesen. „Ich habe in Köln keinen Fortschritt mehr für mich gesehen. Mir geht es darum, dass das Drumherum passt.“
Passen taten bereits Ressels Leistungen beim Grand-Slam-Comeback in Kasachstan im Juni, wo sich der Kieler Bronze holte. Auch wenn er neben seinen Gegnern noch gegen Schmerzen im lädierten Knie kämpfen musste. Diagnose: Riss im Außenmeniskus. „Ich wollte in Kasachstan und in der Mongolei (eine Woche später, d. Red.) unbedingt dabei sein, habe mich mit Schmerzmitteln durchgekämpft“, so der Judoka. Anschließend sorgte ein weiterer Eingriff für die lang herbeigesehnte Schmerzfreiheit, Probleme bereite ihm die Verletzung heute nicht mehr. „Jetzt hält das Knie.“
Und das Judogefühl? Dafür braucht es die nötige Wettkampfpraxis. Ressel zieht es dorthin, wo der Judosport seinen Ursprung hat. Während die deutschen Judoka sich Ende des Jahres in Europa vorbereiten, will er auf eigene Faust nach Japan. Um Randori zu kämpfen – sauberes Judo, Fokus auf Technik, niedrigere Intensität, dafür mehr Einheiten am Tag. Für das Wohlgefühl. Für die spezielle Ausdauer, die man sich eben nicht mit Laufen und Gewichtestemmen holen könne. „In Europa komme ich auf zehn Trainingswettkämpfe am Tag, in Japan auf 20 bis 30. Ich bin ganz sicher, dass ich das brauche, um nach meiner Verletzungshistorie wieder Anschluss zu finden.“
Anschluss auch an Timo Cavelius, seinen direkten Konkurrenten um das Olympia-Ticket in der Gewichtsklasse bis 81 kg. Cavelius hat sich während Ressels Verletzungszeit in der Weltrangliste nach vorne gekämpft, ist derzeit 18., Ressel 42. Nur ein Sportler pro Gewichtsklasse erhält das Ticket für Paris. Ressel sagt selbstbewusst: „Es geht jetzt darum, dass ich gesund bleibe – und dann kriege ich das auch hin.“
Ein, zwei Medaillen bei großen internationalen Wettkämpfen müssten es für die Olympia-Quali sein – ob bei Grand Slam oder WM. Medaillen wie das Mixed-Bronze in Tokio, das ein Extra-Ansporn sein soll. „Ich bin mir sicher: Wenn ich das noch mal im Einzel hinkriegen würde, das wäre noch ein schöneres Gefühl.“ (ps)