„Ich kämpfe mit Köpfchen“, sagt Dominic Ressel in einem Interview mit den Kieler Nachrichten, zeigt auf seine Stirn und lacht. Eine gute Erklärung für die gerade genähte Platzwunde, die sein Gesicht ziert. Der Vize-Europameister im Judo in der Gewichtsklasse bis 81 Kilogramm ist nach Kronshagen gekommen, um seinen Heimatverein zu besuchen und sich auf der Mitgliederversammlung ehren zu lassen. Er kommt nicht allein, seine ehemaligen Trainer Kai Onur und Issa Saroit, seine Familie und die Freundin Amy Livesey aus England hat er mitgebracht. Sie ist ebenfalls Judoka und im Nationalkader.
Als die Einladung für die Kronshagener Ehrung bei ihnen einging, ahnten Sie noch nicht, dass sie einen Vize-Europameistertitel mitbringen.
Es war meine erste Europameisterschaft, und mir war von Anfang an klar, dass ich eine Chance habe. Beim Judo ist viel von der Tagesform und der Auslosung abhängig. Ich kannte die Gegner und wusste, dass alle schlagbar sind. Dass ich eine Medaille gewinne, hab ich aber erst nach dem Gewinn des Halbfinales geglaubt.
Wie ging es überhaupt los mit der Karriere?
Ich habe mit vier Jahren bei Samurai Kiel begonnen. Mein Vater war da Trainer. Irgendwann hat Samurai zugemacht, dann bin ich nach Kronshagen gewechselt, und da bin ich gelieben bis heute. (lacht).
Warum TSV Kronshagen für immer?
Das ist für mich sehr wichtig. Hier ist mein Herz und hier bin ich groß geworden. Auch wenn ich mittlerweile woanders trainiere, bedeutet es mir sehr viel, im Einzel weiter für den TSV Kronshagen zu kämpfen. Ich würde auch in der Bundesliga für Kronshagen kämpfen, aber wir haben hier ja keine so hohe Mannschaft mehr.
Sie leben inzwischen in München, weil es für die Nationalkadersportler verpflichtend ist, an einem Olympiastandort zu trainieren.
Es gibt vier Standorte. Ich habe mich wegen des Trainers Richard Trautmann für München entschieden. Der war damals U21-Trainer. Seit kurzem ist er Bundestrainer im Herrenbereich und wieder für mich zuständig. Ich habe erst in einem Sportlerhaus gelebt und noch mal zwei Jahre lang die Schulbank gedrückt, um mein Abitur in Bayern nachzuholen. Derzeit bin ich in der Sportfördergruppe der Bundeswehr und lebe direkt in dem Stadtteil Großhadern beim Stützpunkt, wo ich auch trainiere, nur fünf Minuten von der Halle entfernt. Demnächst wechsele ich zur Bundespolizei, die auch ein Sportförderprogramm hat und wo ich neben dem Training eine Ausbildung zum Polizisten anfangen werde.
Wie geht es sportlich jetzt weiter?
Anfang Mai geht es nach Japan und Korea als Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft, die Ende August beginnt. Da will ich auch zeigen, was ich drauf habe. Das größte Ziel ist aber Olympia 2020. Dort darf nur einer pro Gewichtsklasse starten, und die Konkurrenz schläft nicht. Ich muss mich also reinhängen. Ohne die Kieler Sporthilfe wäre alles, was ich erreicht habe, nicht möglich gewesen. Besonders als ich nach München gezogen bin, hat mir die Unterstützung sehr geholfen. Auch jetzt muss ich viel selber bezahlen und wäre ohne die Stiftung nicht da, wo ich bin.
Interview: Sonja Paar