Bei der Ruder-Europameisterschaft vom 31. Mai bis zum 2. Juni geht in Luzern mit Frieda Hämmerling erneut eine Kielerin an den Start. Gemeinsam mit Michaela Staelberg, Julia Lier und Franziska Kampmann bildet die 22-Jährige den deutschen Doppelvierer. Ihr Blick geht aber schon Richtung Tokio 2020.
Mit 14 Jahren stieg Frieda Hämmerling zum ersten Mal bei der Rudergesellschaft Germania in ein Ruderboot. Ihr älterer Bruder Hauke ruderte dort ebenfalls, und auch Frieda fand schnell Gefallen an dem Sport. „Ich wollte eigentlich nur ein bisschen rudern“, sagt sie. „Anfangs durfte ich nur viermal pro Woche, aber bald bin ich dann jeden Tag mitgegangen“, erinnert sie sich. „Das gab ein paar Mal noch Ärger, aber irgendwann haben meine Eltern mich gelassen.“
Talent gepaart mit Trainingsfleiß machten sie zur ersten Athletin der RG Germania, die den Sprung an die Ruderakademie in Ratzeburg wagte. „Und da bekam ich dann mit, dass man deutscher Meister werden kann. Und dass es eine Junioren-WM gibt“, erzählt die Studentin, die mittlerweile in Berlin in Fahrrad-Distanz zum Ruder-Stützpunkt des deutschen Doppelvierers lebt.
Von ihrer ersten Junioren-EM 2014 kam sie mit einer Silbermedaille zurück, ein Jahr später gewann sie im Doppelzweier Gold bei der Junioren-WM. 2017 folgte der Sprung in die A-Nationalmannschaft und ein EM-Sieg. Vergangenes Jahr gewann die Schlagfrau mit ihrem Doppelvierer den Gesamtweltcup und wurde Vizeweltmeisterin.
Die Gelassenheit der 14-Jährigen, die nur ein bisschen rudern wollte, hat Hämmerling sich auch als Leistungssportlerin, die unter Bundestrainer Marcin Witkowski trainiert, bewahrt. „Viele sagen, dass ich so erfolgreich bin, weil ich immer so locker bin“, sagt sie.
Früher sei sie beim Rudern geblieben, weil „es einfach Spaß macht, zu gewinnen“. Heute schwärmt sie von der Leichtigkeit des Bootes bei perfekter Beherrschung. „Wenn das Boot läuft und man merkt, wie es einfach übers Wasser rutscht – dann geht alles von allein. Man braucht die perfekte Mischung aus Kraft und Lockerheit.“ Im Training rudert sie deshalb am liebsten nach Gefühl, lässt die Pulsuhr unbeachtet. „Wenn der Trainer sagt, ich soll rudern, rudere ich eben. Ich hatte auch nie das Ziel zu Olympia zu fahren.“
Inzwischen ist die Olympia-Teilnahme für Hämmerling, die von der Stiftung Kieler Sporthilfe gefördert wird, trotzdem in greifbare Nähe gerückt. Sie gilt als aussichtsreiche Kandidatin für Tokio 2020, will bei der WM Ende August in Linz im Boot sitzen, um die Startplätze für Olympia zu erkämpfen.
Denn trotz aller Lockerheit ist da inzwischen auch eine gehörige Portion Ehrgeiz. „Ein schlechtes Rennen will ich nie auf mir sitzen lassen.“ Inzwischen kennt Hämmerling auch die Weltrekord-Zeiten, die Spitze rückt für sie schließlich immer näher. „Irgendwie bin ich da so reingerutscht. Die Ziele, die man sich steckt, will man ja erreichen“, sagt die Frau, die für die entscheidenden Momente geboren zu sein scheint.
Am liebsten sind ihr die ganz großen Rennen bei EM und WM. „Jetzt kommt das, was ich eigentlich machen will“, sagt sie mit Blick auf Luzern. Ein anderer Titel, den sie mit der A-Nationalmannschaft noch nicht erreicht hat, ist allerdings noch verlockender. „Die WM ist das Ziel“, sagt sie und meint die Goldmedaille. Auch für Tokio ist sie optimistisch. „Wenn ich so weitermache und mich verbessere wie bisher, dürfte da nichts schiefgehen.“ Aus Hämmerlings Mund klingt das nicht vermessen, sondern locker, fröhlich und entspannt. (scha)