Einen neuen deutschen Mannschaftsmeister kann der Jugendsport des Schleswig-Holsteinischen Turnverbandes und der Landeshauptstadt verzeichnen: Erstmals hat der Kieler Turner-Klub (KTK), darunter auch einige Nachwuchsturner des Kieler TV, das Finale der Nachwuchs-Bundesliga gewonnen und mit Nico Köhler (16), Tom Luca Meyer (16), Karl Ornowski (16), Marcel Klein (14), Philip Meyer (14), Miyaki Nishiura (13) und Shamsu-Deen Raimi (13), der von der Stiftung Kieler Sporthilfe unterstützt wird, eine Rekordpunktzahl in der MHP-Arena in Ludwigsburg aufgestellt (223,40). Titelfavorit Eintracht Frankfurt wurde Zweiter (217,00) vor SC Berlin (216,75), TG Saar (216,35), SV Halle (209,60) und TB Oppau (176,85).
Startturner Philip Meyer legte für den KTK am Boden gut vor. Es folgten fulminante Auftritte von Ornowski, Raimi und Köhler mit noch mehr akrobatischen Sprüngen und Drehungen – dennoch lagen die Frankfurter mit 37,00:36,60 Punkten vorn. Am Pauschenpferd zeigten Tom Luca Meyer (12,35) und Raimi (12,75) zwei weitere Top-Leistungen. Doch dann kam der Schock: Nico Köhler stürzte vom Gerät und erhielt wegen fehlender Elemente zusätzliche Abzüge, so dass nur 4,25 statt der anvisierten 11,00 Punkte für den KTK-Kapitän im Protokoll standen. Wie bei einer Elfmeter-Situation konzentrierten sich nun alle Blicke und der Hallensprecher auf den letzten Kieler Turner Miyaki Nishiura. Doch der 13-Jährige blieb cool, spulte seine Kür fehlerfrei am Zittergerät ab und hielt sein jubelndes Team mit 10,05 Punkten rechnerisch und vor allem psychisch im Kampf um den Titel.
„Ich fühlte mich gut, hatte beim Einturnen und Training alles geschafft. Da wusste ich: Es läuft heute“, strahlte Miyaki. Nach zwei Geräten führten die Berliner (71,80) knapp vor Kiel (71,85), dem SV Halle (69,75) und den am Pferd schwächelnden Frankfurtern (68,10). Im dritten Durchgang patzten die Berliner am Boden, die sprungstarke TG Saar holte auf. Doch der KTK nutzte an den Ringen mit tollen Auftritten von Raimi, Ornowski und Köhler seine Chance zur Führung, die das Trio am Sprungtisch mit drei gestreckten Kasamatsus noch weiter ausbaute. Am Barren waren die Kieler einmal mehr das beste Team (36,70), weil Tom Luca Meyer mit einer blitzsauberen Übung die Gerät-Höchstnote von 12,80 erhielt, Raimi 12,30 und Köhler 11,60 Zähler beisteuerten. Zudem debütierte Marcel Klein mit einem Doppelsalto rückwärts als Abgang. Fast sieben Punkte Vorsprung hatte sich die KTK-Riege vor dem letzten Durchgang erarbeitet – ein gutes Polster, denn am Königsgerät Reck kann immer viel passieren. Doch Ornowski, Raimi und Köhler behielten während ihrer Übungen die Nerven.
Dem Trio gelang ohne Sturz die Tkatschev-Fluggrätsche rückwärts über die Reckstange zum Wiederfassen. Dann führte Philip Meyer die Kieler mit der letzten Übung zum Sieg. „Dieses Mannschaftsergebnis bedeutet für uns alle sehr viel“, sagte Teamsprecher Nico Köhler. Bundestrainer Jens Milbradt bescheinigte dem NBL-Finale ein höheres Niveau als im Vorjahr, als der KTK Silber holte. Der Kieler Coach Udo Poppe resümierte: „Schon vor diesem Aufeinandertreffen der besten Teams aus den Staffeln West und Ost war klar, dass jeder Fehler entscheidend sein könnte und dass der Verein gewinnt, der 24 schwierige Übungen am stabilsten vorträgt. Wir haben das sehr gut hinbekommen“, lobte er. Shamsu-Deen Raimi turnte den Wettkampf seines Lebens und wurde im 35er-Feld mit der persönlichen Bestleistung von 75,30 Punkten Zweiter hinter dem drei Jahre älteren Berliner Nils Matache (75,40). Nico Köhler stemmte bei der Siegerehrung den großen Pokal der Deutschen Turn-Liga in die Höhe. Die KTK-Riege strahlte – und das anschließende Essen in einem Burger-House machte den Tag und die Saison 2019 für die jungen Kieler perfekt.
Text: Jörg Schacht, Foto: Claus Köhler