Der Schlamm spritzt, die Schaltung hakt, das Hinterrad blockiert, und dann reißt es den Fahrer in den Dreck. Das Nordmarksportfeld in Kiel wurde zum Schlammparcours – so wie es sein soll beim Cyclocross. Die Rennstrecke über Gras, Sand und mit vielen Aufs und Abs hat sich vom Geheimtipp zum Meisterschaftskurs gemausert.
Nach den Norder-Cross-Events gab es nun von den Nordverbänden den Zuschlag zur Austragung der Meisterschaften. Vergeben wurden LM-Titel von Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen sowie die Medaillen des Nordverbandes.
Das lockte Top-Fahrer nach Kiel – darunter auch eine frisch gekürte Gold-Gewinnerin von der Masters-WM. Im Fokus des ausrichtenden Kieler RV (KRV) standen vor allem die Talente in den Nachwuchsklassen U17 und U19.
Ein dickes Lob für das Event gab es von Cordula Biermann aus Kaltenkirchen. In Hamburg gewann sie vor einer Woche den WM-Titel in der AK 50-54, war danach allerdings schwer erkältet. Nach Kiel war sie als Betreuerin mitgereist. Doch als sie die Strecke sah, konnte sie nicht an sich halten: „Ich mag das, wenn der Schlamm spritzt. Das hat richtig Bock gemacht. Daher bin ich doch gestartet“, berichtete sie und ergänzte im Ziel mit dem Blick auf die Uhr: „Das waren jetzt 48 Minuten großer Spaß.“ Damit kam sie in der Nord-Wertung auf Platz zwei hinter der Hamburgerin Julia-Katharina Pfeil.
Die SH-Landeswertung ging an Biermann. Hier wurde Lina Rausch (KRV) Dritte. Doch Freude kam bei der 26-Jährigen nicht auf. Vielmehr flossen Tränen der Enttäuschung. „Ich hatte mir mehr erhofft, aber ich bin erkältet und war ein Opfer der Verhältnisse“, erzählte sie. Ihre Reifen hatten zu wenig Profil, rutschten auf der Strecke weg. Nach dem Radwechsel konnte sie nicht mehr aufholen.
Doch mit Blick zurück auf eine schwere Gesundheitsphase konnte sie doch viel Positives aus dem Rennen ziehen. In der Jugend gehörte sie zu den starken Talenten, bekam dann aber Probleme mit der Lunge. Die Krankheit schlug auf das Herz über. „Und dann ging gar nichts mehr.“ Statt Sport stellt Lina Rausch über Jahre das Studium in den Mittelpunkt, ist nun Teamleiterin in einem Software-Unternehmen. Erst in diesem Sommer kehrte sie in den Radsport zurück.
Mit großen Ambitionen in der U17 war Arvid Peper für den KRV auf den Kurs gegangen. Er machte in der ersten Runde viel Druck auf den überragenden Josh Tietjen aus Bremen. Zu viel Druck, wie sich rausstellte. „Josh war nicht Arvids Gegner. Er hätte taktisch mehr auf die anderen achten sollen“, sagte KRV-Trainer Ian Hoesle. So war die Kraft des Kielers schnell verbraucht, und er rutschte in der Nord-Wertung auf Platz fünf. In der SH-Wertung reichte es aber zu Gold vor seinem Clubkameraden Bo Wesselmann.
In der weiblichen U17 attestierte Hoesle seiner Fahrerin Hanja Blank eine starke Entwicklung und ein souveränes Rennen, mit dem sie sich Nord- und SH-Titel holte.
Mit Spannung wurde das Rennen in der Männer- und U19-Klasse erwartet. Vor allem der Kieler U19-Fahrer Mattis Deba stand im Blickpunkt: Er hat gerade eine Nominierung für den Worldcup in zwei Wochen erhalten. Eine Minute nach der Männer-Klasse gestartet, fuhr sich Deba hinter dem Bremer Richard Griewald weit in das Männerfeld hinein. „Dabei liegen mir schnelle Kurse eigentlich mehr. Heute war es tief mit viel Matsch und durchdrehenden Rädern und damit nicht sonderlich schnell.“ Doch Deba meisterte den Kurs, konnte die weitere Konkurrenz abschütteln und bereitet sich nun als Vize-Nordmeister und SH-Goldgewinner auf den Worldcup vor.
Zufrieden konnte Ian Hoesle die Meisterschaften beschließen. Das Wetter passte, die Strecke bekam viel Lob. Mit kurzen Anstiegen und steilen Abfahrten in der Böschung, Haarnadelkurven und Hürden waren alle Schwierigkeiten drin. Ian Hoesle: „Es waren tolle Rennen. Wir haben schöne Zweikämpfe gesehen, und es waren alle da, die im Norden Rang und Namen haben.“ (ra)