Für die Strander Vorschoterin Susann Beucke und ihre Steuerfrau Tina Lutz sollte sich in diesem Sommer endlich der Traum von den Olympischen Spielen erfüllen – im dritten und wohl letzten Anlauf. Seit 2007 sind die 49er-FX-Seglerinnen gemeinsam auf dem Wasser unterwegs. Nach Tokio werden sich die Wege der beiden aller Voraussicht nach trennen. Seit Dienstag steht fest: erst im kommenden Jahr und damit später als gedacht.
Beucke begrüßt die Entscheidung – wie auch die meisten ihrer Mit-Olympioniken aus dem Norden: „Jetzt herrscht endlich Klarheit.“ Zumal erst Ende Juni das letzte Qualifikationsevent im olympischen Segelrevier Enoshima nachgeholt werden sollte – nur einen Monat vor dem Start der Spiele. „Wir können uns jetzt in Ruhe mit unserem Trainer zusammensetzen und einen Plan für das nächste Jahr zusammenstellen“, sagt Beucke, die sich freut, dass das Turnier auf 2021 und nicht 2022 verschoben worden ist. „Man ist ja auch Privatmensch. Irgendwann rücken andere Themen abseits des Sports in den Vordergrund.“
Auch Judoka Dominic Ressel vom TSV Kronshagen muss ein Jahr länger auf seine erste Olympia-Teilnahme warten. „Ich bin glücklich, dass das Turnier überhaupt stattfindet. Soweit ich das mitbekommen habe, stand sogar eine Absage im Raum“, sagt der 26-Jährige, der von der Stiftung Kieler Sporthilfe unterstützt wird. All seine Sorgen ist Ressel damit noch nicht los. Ob mit der Verschiebung auch seine Nominierung des Deutschen Judo-Bundes (DJB) hinfällig ist, steht noch in den Sternen. „Der ganz große Druck ist mit der Verlegung weg. So fällt es leichter, unter diesen ohnehin schon schweren Bedingungen zu trainieren“, so der Judoka.
„Ein kleiner Schock“ war die Nachricht für Ruderin Frieda Hämmerling. „Der IOC hatte sich ja zunächst noch eine Frist von vier Wochen gesetzt. Da kam der Beschluss zu diesem Zeitpunkt dann doch überraschend.“ Die 23-Jährige von der RG Germania Kiel kann die Entscheidung aus gesellschaftlicher und sportlicher Sicht nachvollziehen: „Eine optimale Vorbereitung für alle Athleten wäre unter diesen Umständen nicht möglich gewesen.“
Der Frauen-Doppelvierer mit der Kieler Schlagfrau zählte zu den deutschen Medaillenhoffnungen im Juli. Wie es für die Ruderer in den nächsten Wochen weitergeht, weiß Hämmerling noch nicht. „Es kann sein, dass wir erst einmal weitermachen wie bisher und im Herbst eine Trainingspause einlegen. Das entscheidet sich aber erst in den nächsten Tagen.“
Eine ganze Zebraherde des THW Kiel hatte die Olympischen Spiele im „Land der aufgehenden Sonne“ ins Visier genommen. So hatten sich beispielsweise die dänischen Brüder Niklas und Magnus Landin als amtierende Weltmeister bereits für Tokio qualifiziert. Die deutsche Nationalmannschaft hatte sich ursprünglich vom 17. bis 19. April in Berlin mit Schweden, Slowenien und Algerien um zwei Plätze für das Turnier in Japan streiten sollen. Der Pflichtspiel-Auftakt für den neuen Bundestrainer Alfred Gislason wurde zunächst in den Juni verschoben und nun – nach Bekanntgabe der Olympia-Verschiebung – vorerst abgesagt. THW-Kreisläufer Hendrik Pekeler hält die frühzeitige Verschiebung für „das richtige Zeichen“. „Es ist schade, dass Olympia erst einmal ausfällt. Aber in der momentanen Situation haben andere Dinge Vorrang“, sagt der 28-jährige Nationalspieler.
Kritisch sieht der Kieler Führungsspieler indes die Option, die Spiele nicht im Sommer 2021, sondern bereits im Frühjahr durchzuführen. „Mit einer Weltmeisterschaft im Januar und dann zwei großen Turnieren so kurz hintereinander wäre das meiner Meinung nach kaum durchführbar.“ Die Weltmeisterschaft 2021 wird vom 14. bis 31. Januar in Ägypten ausgetragen.
Zustimmung zur Verschiebung der Olympischen und Paralympischen Spiele äußerte auch der Landessportverband Schleswig-Holstein (LSV). LSV-Präsident Hans-Jakob Tiessen sprach von einer „sehr richtigen und verantwortungsvollen“ Entscheidung. „Die Sportlerinnen und Sportler haben nunmehr Planungssicherheit in Richtung sauberer und sorgfältiger Trainings- und Qualifikationsaktivitäten.“ Der Schritt zeige darüber hinaus, dass seitens des Sports alles getan werde, um die weltweite Pandemie bestmöglich und baldmöglichst unter Kontrolle zu bringen.“ (cbe/tas)